Vom Amtszimmer  hinaus auf die Straße

Bis 10. Mai will Jungherr dem Wahlkampf Vorrang geben

 

 

bie. BAD HOMBURG. Auf der Louisenstraße, am Bahnhof, auf dem Markt, an der eigenen Haustür: Mit Ursula Jungherr (CDU, Foto) können die Bürger in den nächsten Tagen überall rechnen. Nur in ihrem Amtszimmer im Bad Homburger Rathaus will sie, anders als in den vergangenen Monaten, weniger Zeit verbringen. Nachdem die Oberbürgermeisterin bei der Direktwahl am vergangenen Sonntag als Zweite ins Ziel gekommen ist, hat sie bis zur Stichwahl am 10. Mai Urlaub genommen.

 

 

Sie habe bisher zu sehr darauf Wert gelegt, trotz des Wahlkampfs ihre Arbeit zu erledigen, und darüber den persönlichen Kontakt vernachlässigt. "Die Bürger wollen einen sehen", hat Jungherr als Erkenntnis aus dem Erfolg ihres Konkurrenten Michael Korwisi (Die Grünen) gezogen. "Da habe ich die Prioritäten wohl falsch gesetzt."

 

Nicht mit einer Materialschlacht, sondern durch intensiven Straßenwahlkampf will die Christdemokratin nach Worten ihres Parteivorsitzenden Thorsten Bartsch versuchen, die eigentlich bürgerliche Mehrheit in der Stadt an die Wahlurne zu bekommen. "Wir wollen die sachlichen Argumente in den Vordergrund stellen", sagte Bartsch.

 

Denn die sprechen seiner Ansicht nach für die Kandidatin Jungherr. Auch die Betriebe in Bad Homburg begännen die Krise zu spüren. Da erweise sich die antizyklische Wirtschaftspolitik als richtig: Jetzt sei das Geld für Investitionen wie den Bahnhof oder den Umbau der früheren Bundeswertpapierverwaltung da. Die Oberbürgermeisterin habe gegenüber ihrem Herausforderer klar die größere Finanz- und Wirtschaftskompetenz. Der Parteichef griff auf eine Parole der Adenauerzeit zurück: "Keine Experimente" heiße die Devise.

 

Auch Jungherr will stärker ihre bisherigen Leistungen herausstellen und das, was sie noch vorhat. Für den Ausbau der Kinderbetreuung seien die Voraussetzungen geschaffen worden, etwa durch den Kauf eines Grundstücks an der Dietigheimer Straße für den Neubau einer Krippe. Die soziale Verantwortung sei schließlich ihr Thema, seit sie 1999 das Amt der Sozialdezernentin angetreten habe. Hinzu komme die Kultur als ihr "privates Spezialgebiet". Jungherr bezeichnete es als "frappierend", dass sie bei ihrem Konkurrenten keine neuen Sachthemen entdecken könne. "Er beruft sich auf das, was schon läuft." Sie müsse aber für sich selbst feststellen, mit der Vermittlung nicht an die Leute herangekommen zu sein.

 

Während Korwisi die zusammen 61 Prozent der Stimmen für den SPD-Kandidaten Karl Heinz Krug und sich selbst aus dem ersten Wahlgang als Gegner der Amtsinhaberin addiert hatte, blickte Jungherr auf den Inhalt: Mehr als 60 Prozent, nämlich die Wähler von Krug und ihr, hätten sich für die Kandidaten entschieden, die eine solide Finanzpolitik in den Mittelpunkt gestellt hätten. Bei dieser Gelegenheit bescheinigte sie dem SPD-Bewerber einen "fairen und sachlichen Wahlkampf".

 

Als unfair empfindet sie hingegen die Vorwürfe der Bürgerinitiative am Platzenberg, die sich gegen einen Neubau der Pestalozzischule am Bommersheimer Weg wehrt. Nachdem sie sich für einen anderen Standort der Schule ausgesprochen habe, werde am Bommersheimer Weg auch nichts anderes gebaut, versicherte Jungherr. "Und wenn ich etwas sage, dann mache ich es auch."

 

 

Text: F.A.Z., 02.05.2009, Nr. 101 / Seite 63